27 Jan.
Koblenzer Gedenkveranstaltung zum Schick-sal polnischer Zwangsarbeiter in Koblenz und Umgebung: Ausschnitte aus der Rede von OB Hofmann-Göttig
Posted in Reden/audio u. print JoHo by joho Keine KommentareAuf der Gedenkveranstaltung zum Schicksal polnischer Zwangsarbeiter in Koblenz führte OB Hofmann-Göttig in der Koblenzer Florinskirche u.a. folgendes aus, Koblenz 27.01.2011:
– E s g i l t d a s g e s p r o c h e n e W o r t –
” Polnische Zwangsarbeiter in Koblenz und Umgebung
Im August 1944 waren im Gebiet des damaligen „Großdeutschen Reiches“ 7.615.970 ausländische Arbeitskräfte als beschäftigt gemeldet, davon 1,9 Millionen Kriegsgefangene und 5,7 Millionen zivile Arbeitskräfte; darunter 2,8 Millionen Sowjets und 1,7 Millionen Polen.
Die Verhältnisse waren auf den einzelnen Arbeitsstellen unterschiedlich. Insgesamt gesehen ging nach dem Krieg das Internationale Militärtribunal in den Nürnberger Prozessen aber von der Grundüberzeugung aus, der nationalsozialistischen Ausländerpolitik hätte ein „Sklavenarbeitsprogramm“ zugrunde gelegen, „das die Deportation von mehr als fünf Millionen Menschen zum Zwecke der Zwangsarbeit erforderte, wobei viele von ihnen schreckliche Grausamkeiten und Leiden erdulden mussten“.
Angesichts dieser Zahlen versteht es sich von selbst, dass polnische Zwangsarbeiter auch in Koblenz und Umgebung tätig waren – wenn dies auch heute weitgehend unbekannt ist.
Dem „Geografischen Verzeichnis nationalsozialistischer Lager und Haftstätten des Internationalen Suchdienstes in Arolsen (ITS)“ zufolge gab es in der Stadt Koblenz 1.265 Zwangsarbeiter. Dort aufgeführt sind Zwangsarbeiter auch für einige Stadtteile, so für Kapellen-Stolzenfels 370 Personen, für Rübenach 140 und für Arenberg 65 Personen. Da die Polen die zweitstärkste Gruppe der Zwangsarbeiter bildeten, waren unter diesen 1.840 Personen auch viele polnische Zwangsarbeiter.
Ein Teil dieser polnischen Zwangsarbeiter waren in Lagern untergebracht, wie etwa das Lager in der Königsbach für die dort eingesetzten Arbeiter. Vielfach gab es für Polinnen und Polen auch Einzelarbeitsstellen bei Bauern und Winzern, etwa in Güls oder moselaufwärts in Winningen. Sogar die Stadt Koblenz selbst beschäftigte polnische Zwangsarbeiter, etwa Polinnen im städtischen Krankenhaus Kemperhof.
Noch am bekanntesten ist das eine oder andere Gefangenenlager, in denen auch Polen für den Bau der Reichsautobahn Schwerstarbeit leisten mussten. Ein solches Lager gab es in Bassenheim an der „Eisernen Hand“. Strafgefangenenlager existierten u.a. in Uersfeld bei Mayen, in Ulmen und in Hilgert. Sie alle waren Außenlager des Gefängnisses in Koblenz. Im Jahr 1941 hatten das Strafgefangenenlager Ulmen eine Belegung mit 269 und die Lager Uersfeld und Hilgert mit je 400 Häftlingen. Der größte Teil waren polnische Strafgefangene.
Damals wie heute war Koblenz ein Zentrum der Verwaltung. In der NS-Zeit mit dem Sitz der Staatspolizei(leit)stelle Koblenz, die als Gestapo für den gesamten Regierungsbezirk Koblenz zuständig war. Die Koblenzer Gestapo hatte einen fahrbaren Galgen. Dieser kam immer dann zum Einsatz, wenn polnische Zwangsarbeiter tatsächlich oder vorgeblich Geschlechtsverkehr mit deutschen Frauen hatten. Diese wurden dann von der Gestapo mit dem fahrbaren Galgen vor Ort ermordet. Dokumentiert ist das in der Ausstellung für zwei solcher „Morde vor der Haustür“ – in Briedel an der Mosel und in Engers.
Koblenz war auch der Sitz einer Tarnfirma namens „Gollnow und Sohn“. Diese firmierte als verantwortlich für ein Unternehmen in Dernau an der Ahr, das in Wahrheit keine Privatfirma war, sondern vielmehr ein KZ-Kommando des Konzentrationslagers Buchenwald. In den dortigen Tunneln mussten mindestens 406 KZ-Häftlinge Sklavenarbeit für Hitlers „Vergeltungswaffe“ V 2 leisten. Viele waren Polen. Sie waren anlässlich des Warschauer Aufstandes Anfang August 1944 in Warschau festgenommen, in das KZ Buchenwald verschleppt und von dort aus zum KZ-Kommando „Rebstock“ bei der Dernau an der Ahr gebracht worden.
Von all diesen Menschen – gleichgültig aus welchen Gründen, ob „freiwillig“ oder gezwungen, sie hierher gekommen waren – wurde eine sehr hohe Arbeitsleistung und strikte Disziplin verlangt. Wer diesen Normen des NS-Terrors nicht genügen konnte oder wollte, lief Gefahr, weiteren Terror erleiden zu müssen. Dies konnte den Zwangsarbeitern mit oder auch ohne „Grund“ sehr schnell widerfahren, wenn sie bei der Gestapo gemeldet wurden. Und das widerfuhr relativ vielen. Anhand von Lebensbildern kann man geradezu eine Eskalation des Terrors im Einzelfall feststellen. Bisweilen begann das mit einer „Verwarnung“ durch die Gestapo mit vorangegangener Gestapohaft von einigen Tagen oder auch ohne diese. Eine sehr viel härter war dann eine Maßnahme der „Arbeitserziehung“, die Einweisung in das SS-Sonderlager/KZ Hinzert bei Hermeskeil im Hunsrück für die Dauer von im Allgemeinen acht Wochen. Und schließlich die Verschleppung in ein Konzentrationslager, oft ins KZ Buchenwald bei Weimar oder auch in das KZ Natzweiler bei Straßburg. “

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