31 März
Ressourcensparende, zielorientierte auf-einander abgestimmte kommunale Integra-tionskonzepte in Koblenz
Posted in Medien/Presse zu JoHo by joho Keine KommentareWortlaut der Presseinformation der Stadt Koblenz, 31.03.2011:
” Regieanweisung in der Muttersprache
Telemedizinische Parkinson Behandlung jetzt auch für Migranten
(Koblenz: 31.03.11) Regungslos, wie versteinertem sitzt Mossin Ötztalay auf seinem Bett in der Klinik. Der 76 Jährige Türke leidet seit vielen Jahren unter Parkinson. Er hat Schmerzen, aber niemanden dem er dies mitteilen kann. Mit Fortschreiten der Erkrankung im Hirn verlernt er, ein Migrant der ersten Generation, die deutsche Sprache zusehends. Depressionen und Halluzinationen beides Folgen der Parkinsonerkrankung führten zum “inneren Rückzug”. Bei Visite antwortet er auf alle Fragen stereotyp mit “gut”. Die Ärzte sind hilflos.
Marcus Uhrmacher, Integrationsbeauftragter der Stadt Koblenz kennt diese Fälle. Sprachlich bedingte Verständigungsschwierigkeiten gehören in Deutschland zum medizinischen Alltag und sind für Migrantinnen und Migranten oft Hindernisse bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Das kann zu vielfältigen Problemen führen.
Um die Kommunikationsschwierigkeiten auszugleichen, führen Ärztinnen und Ärzte in einigen Fällen zusätzliche Untersuchungen durch, die zu einer kostenintensiven „Überdiagnostik“ führen. Aufgrund mangelnder Verständigung kommt es, entweder durch den freiwilligen Wunsch der Patientin bzw. des Patienten oder durch ärztliche Überweisungen, zu relativ häufigen Arztwechseln, dem sogenannten „doctor-hopping“.
Kommunikationsbarrieren entstehen, wenn das Gesagte oder Gehörte auf einer oder auf beiden Seiten nicht verstanden wird. Oft wird dann Abhilfe durch sogenannte Laien- bzw. Zufallsdolmetscher geschaffen. Dabei handelt es sich in der Regel um Familienangehörige, Bekannte oder andere Zweisprachige. Durch geringe Übersetzungskompetenzen, Parteilichkeit, Schamgefühle oder Autoritätsbeziehungen gegenüber Familienmitgliedern kommt es häufig zu Fehlübersetzungen, Auslassungen, Verzerrungen oder zum Verschweigen von Informationen, ohne dass der Arzt oder die Ärztin das bemerken oder überprüfen kann.
Viele niedergelassene Neurologen vor allem in Berlin und NRW bieten die in Koblenz entwickelte ambulante videounterstützte Parkinsontherapie an und behandeln inzwischen natürlich auch Parkinson Patienten mit Migrationshintergrund. Für diese Patientengruppe galt es, Kommunikationshindernisse zu überbrücken. Der im Technologie Zentrum Koblenz ansässige Telemedizin Anbieter MVB bietet deutschlandweit Kliniken wie z.B. der Charité Berlin und ca. 300 niedergelassenen Neurologen die technische Infrastruktur für die ambulante videogestützte Parkinsontherapie. Während der Therapie erhalten die Parkinson Patienten akustische „Regieanweisungen“ aus einer s.g. Beobachtungseinheit, die die Bewegungsstörungen der Patienten per Video festhält.
Dr. Eberhard Schmitt (53), leitender Oberarzt der Neurologie an den katholischen Klinken Koblenz ist sicher: “Von der videounterstützten Parkinsontherapie, bei der eine medikamentöse Neueinstellung bei Morbus Parkinson alternativ zu einem mehrwöchigen Klinikaufenthalt mittels Videodokumentation in der häuslichen Umgebung durchgeführt wird, profitieren neben deutschen Patienten auch Migranten in besonderer Weise.”
Ziel der ambulanten videounterstützten Parkinsontherapie ist die bestmögliche Medikation des Patienten in seinem Zuhause. Klinikaufenthalte fallen weg und den Medizinern bieten sich im häuslichen Umfeld therapeutische Optionen, die im Krankenhaus nicht möglich sind. Mehrfach pro Tag werden Patienten und Angehörige zu Hause aufgefordert Beschwerden zu schildern und vor einer Kamera zu demonstrieren. Technische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, Bewegungsanweisungen in der jeweiligen Landessprache führen die Patienten durch die Aufnahmen von zwei Minuten Dauer. „Innerhalb weniger Tage wurden beim Patienten Wirkschwankungen der Medikation sicher klassifiziert und behandelt, die während eines mehrwöchigen Aufenthaltes in der Klinik nicht erkannt wurden“ berichtet der Koblenzer Arzt, Alexander Rzesnitzek (40), der die Problematiken von Migranten aus dem eigenen Umfeld her kennt.
Zertifizierte Mediatoren, werden zukünftig türkischen, russischen und spanischen Migranten zur Seite stehen damit auch Migranten im Rahmen der videounterstützten Parkinsontherapie sich Ihrem Arzt in ihrer Muttersprache vor der Kamera mitteilen können.
Möglich wird dies durch ein Zusammenspiel mit dem Landesleitprojekts „Prävention für Menschen mit Migrationshintergrund“ welches ebenfalls im Rahmen der „Initiative Gesundheitswirtschaft Rheinland-Pfalz“ vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen gemeinsam mit der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) im November 2010 ins Leben gerufen wurde.
Der Koblenzer Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig freute sich darüber, dass Koblenz in diesem Bereich eine Vorreiterfunktion hat, denn gerade in Zeiten immer knapper werdender Haushaltsmittel sind ressourcensparende, zielorientierte aufeinander abgestimmte kommunale Integrationskonzepte erforderlich, die sich am Leitbild von sozialer Verantwortlichkeit und an den Prinzipien der Nachhaltigkeit, Effizienz und Effektivität orientieren. Hier zeigt sich Koblenz abermals als weltoffene und entwicklungsbereite Stadt.
Die Bewilligung des Projektes „Videounterstützte Telemedizin für Parkinsonpatienten“, durch Wirtschaftsminister Hendrik Hering im Rahmen der Initiative Gesundheitswirtschaft ermöglicht schon heute eine nachhaltige Verbesserung der medizinischen Versorgung von Migrantinnen und Migranten. “
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